Intelligente Textilien gleichen Temperaturschwankungen dynamisch aus

Intelligente Textilien halten zunehmend Einzug in das alltägliche Leben von Konsumenten. Was Astronauten im Weltall und Forschern in der Antarktis hilft, kann auch dem Otto-Normal-Verbraucher zum Nutzen gereichen. Sogenannte Temperatur regulierende Phase-Change-Materialien (PCM) findet man inzwischen in vielen Produkten: Von Oberbekleidung, Unterwäsche, Socken, Accessoires oder Schuhen bis hin zu Bettwaren und Schlafsäcken erobern sie immer mehr Einsatzgebiete. Etwas „exotischere“ Erfolge feiern sie in schusssicheren Westen, im Automobil, in medizinischen oder speziellen industriellen technischen Anwendungen, in denen der Wärme- und Energiehaushalt eine Rolle spielt.

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Nicht zu warm, nicht zu kalt – genau richtig. So einfach lässt sich die Wirkungsweise auf den Nenner bringen.

Funktionsweise

PCM-Textilien nehmen Körperwärme auf, wenn zu viel produziert wird, und geben überschüssige Wärme wieder zurück, wenn der Körper sie braucht. Beeinflusst wird dabei das Mikroklima auf der Haut. Angenehmer „Nebeneffekt“: Die Schweißbildung wird erheblich reduziert. Damit wird ein aktiver, dynamischer Temperaturausgleich erzielt. PCM-Textilien reduzieren Überhitzung und Auskühlung, die Wärme wird gleichmäßiger verteilt. Insgesamt wird somit das Wohlbefinden erheblich gesteigert. Bei Tag und bei Nacht, die Anwendungsbereiche sind sehr facettenreich.

Beispiel Bettwaren (Matratzen, Bettdecken, Kissen): Während der Nacht ändert der Körper mehrmals seine Temperatur. PCM-Produkte sorgen für einwandfreien Schlafkomfort, Überhitzen wird vermieden und dadurch Schwitzen erheblich reduziert, so dass man länger in der sogenannten REM-Phase (Rapid Eye Movement) bleiben kann. Der Mensch schläft gesünder und wacht erholter auf.

Weniger Schwitzen und weniger Frieren

Auch im Arbeitsalltag: Der Körper passt sich dank PCM-Textilien an äußere Temperatureinflüsse besser an. Das Wohlbefinden wird sogar in Stresssituationen enorm gesteigert. Bekleidung, Schuhe und auch Sitzbezüge mit PCM garantieren mehr Komfort. In der Freizeit, beim Reisen, Shoppen oder anderen Aktivitäten erleichtern atmungsaktive Produkte mit PCM den Übergang von Drinnen nach Draußen automatisch und gleichen Wetterschwankungen aus.

Eine Studie der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA), St. Gallen, hat ergeben, dass die Schweißproduktion in Bekleidung um ca. ein Drittel reduziert werden kann. Schuhe mit PCM reduzieren die Schweißbildung sogar um bis zu 44 Prozent. Schließlich kennt jeder, der aktiv Sport treibt, die Wechselwirkung: Man schwitzt bei Anstrengung und friert schnell in Ruhepausen. Anders mit PCM-Textilien: Man fühlt sich rundum wohl.

Ein anderes Beispiel ist Skifahren: Normalerweise wird einem schnell zu warm, wenn man aktiv ist, den Berg hinunterfährt; dann jedoch wiederum schnell zu kalt, wenn man ruhig im Lift sitzt und sich nicht bewegt. Hier helfen PCM, die die überschüssige Wärme, die bei der Abfahrt entsteht, aufnehmen, speichern und dann im Lift, wenn man normalerweise zu Frieren beginnen würde, wieder an den Körper abgeben. Auch Motorradfahrer schwören auf diese Technologie in vielen Situationen. Sei es bei der Tour durch schattige Waldstücke und sonnige Strecken, sei es beim Ausgleich der wechselnden Einflüsse durch den Wind-Chill-Effekt beim Fahren und dem Stillstehen an roten Ampeln.

Unter dem Mikroskop

Je nach Anwendungsgebiet gibt es verschiedene Verfahren, die Mikrokapseln mit PCM einzuarbeiten:

  1. PCM in Fasern: Hier werden die Mikrokapseln direkt in die Faser eingelagert. Die Fasern werden zu Garnen versponnen, die wiederum in Socken, Unterwäsche oder Strickwaren verarbeitet werden. Hier handelt es sich um Produkte, die sehr körpernah getragen werden.
  1. PCM als Beschichtung: Unterschiedliche Materialien können beschichtet werden. Für den Einsatz im Bettenbereich werden z. B. Vliesstoffe beschichtet. In Outdoor-Jacken werden beschichtete Futterstoffe eingesetzt oder Zwischen-Liner, die zwischen Oberstoff und Futter verarbeitet werden, wodurch der Konfektionär absolute gestalterische Freiheit beim Design und der Wahl von (modischen) Oberstoffen hat.

Beeinflusst wird durch Phase-Change-Materialien immer direkt das Mikroklima zwischen der Haut und dem jeweiligen Produkt. Wie sensibel der menschliche Körper hier reagiert, wird deutlich, wenn man den schmalen Korridor des Wohlbefindens betrachtet: Die menschliche Körpertemperatur beträgt im Durchschnitt 36,6°C. Als Kerntemperatur wird die Temperatur im Körperinneren (z.B. Herz, Nieren, ZNS) bezeichnet. Sie schwankt physiologisch in engen Grenzen und beträgt etwa 37°C. Die Schalentemperatur an Haut und Gliedmaßen ist in der Regel niedriger und liegt je nach Region zwischen 28°C und 33°C. Weicht die Normaltemperatur zwischen 36,5°C und 37,4°C nun nur leicht nach oben ab, spricht man schon von Fieber, sinkt sie ab, von Unterkühlung. Kann dieser Bereich nun positiv durch Phase-Change-Materialien beeinflusst werden, gelingt es, die jeweilige Komfortzone des Anwenders konstanter zu halten und Spitzen zu reduzieren, in denen es zu warm oder zu kalt wird.